Von Oktober 1940 an erschien in Liechtenstein wöchentlich „Der Umbruch“ mit dem Untertitel „Kampfblatt der Volksdeutschen Bewegung in Liechtenstein“, beide Titel gross und grellrot. Die hiesige Volksdeutsche Bewegung (VDBL) war die NS-Partei der einheimischen Hitler-Anhänger. Nach annähernd drei Jahren verbot die Regierung schliesslich im Juli 1943 das NS-Blatt.
Der Referent hat die Kriegszeit in Liechtenstein erforscht. Er wird in der Vorlesung anhand von Illustrationen und Beispielen zeigen, was „Der Umbruch“ war, wollte und bewirkte. Wie hob sich das Blatt in Form und Ton von den beiden andern Zeitungen („Volksblatt“ und „Vaterland“) ab? Was für Ideen wurden transportiert? Wen nahm der „Umbruch“ besonders kritisch ins Visier? Juden, Parteien, Regierung, Geistliche, Einzelpersonen. Wie stellte man sich eine Zukunft Liechtensteins im Reichsrahmen vor? Wie stand der „Umbruch“ zum Fürsten, zur Monarchie? Wie zur Schweiz, zu Alliierten, zu Mussolini-Italien und Hirohito-Japan?
Und wie reagierten Regierung, Parteien, der Fürst und auch die Schweiz auf das Erscheinen und die Forderungen und Angriffe des Blattes? Warum verbot man es so lange nicht? Gab es auch „Umbruch“-Forderungen, die über die Hitler-Leute hinaus Anklang finden konnten?
Wer schrieb die Beiträge? Wurden von aussen kommende Artikel abgedruckt? Es gab Einsendungen, auch Briefe von liechtensteinischen Waffen-SS-Freiwilligen. Inserate wurden geschaltet. Und man brachte Fotos, anders als die beiden andern Zeitungen. Denn der „Der Umbruch“ gab sich modern. Der Titel war Programm: „Umbruch“ meinte Revolution, Umwälzung, im NS-Sinne.
Erscheinend wöchentlich einmal, später zweimal, mit insgesamt fast 250 Nummern, spiegelt das Blatt aus extremer Perspektive die Geschehnisse im Laufe der Kriegsjahre, von den Siegen der Achsenmächte 1940 bis zu deren beginnendem Niedergang ab 1943. Das Organ der kleinen, radikalen Minderheit trieb in der schwierigsten Zeit des Krieges wöchentlich Streit in die liechtensteinische Bevölkerung.
Quelle, Literaturhinweis
- „Der Umbruch“, Original, Liechtensteinisches Landesarchiv, Vaduz; Kopie einsehbar in der Liechtensteinischen Landesbibliothek, Vaduz.
- Peter Geiger: Kriegszeit, Liechtenstein 1939 bis 1945. 2 Bde., Vaduz, Zürich 2010.
Der Referent
PD Dr. Peter Geiger, Schaan, Historiker. Ehemals Dozent PHS St. Gallen, Universität Fribourg, Forscher Liechtenstein-Institut, Präsident ‚Unabhängige Historikerkommission Liechtenstein Zweiter Weltkrieg’. Aktuell Co-Vorsitz ‚Liechtensteinisch-Tschechische Historikerkommission‘. Publikationen, Vorträge.